So, wie es vielleicht das Geheimnisvolle, das Mystische und Unerklärliche ist, was unsere Vorfahren und uns bis heute an den Steinkreisen so fasziniert, so geht es uns auch mit alten Bäumen.
Die Naturreligion der alten Germanen sah in Bäumen den Sitz von Gottheiten, die Quelle des Lebens und sie dienten ihnen als sichere Zuflucht und Lebensgrundlage. Einem alten Baum brachten sie großen Respekt und Bewunderung entgegen und es rankten sich in der Regel immer auch regionale Legenden und Mythen um die riesigen Baum- Veteranen. Viele Generationen lebten mit ihnen, sie prägten ganze Orte und gaben ihnen oder wichtigsten Gebäuden ihren Namen (z.B. "Eichenborn", wo an einer Quelle drei Eichen standen und der Ort gegründet wurde / "Dreilinden"/ oder "Gasthaus zur Linde", "Hotel zur grünen Eiche", "Gasthof zur Kaiser-Buche", usw.) oder wurden liebevoll menschlich benannt ("Dicke Marie").
Der Mensch stand in der Urzeit in direkter Abhängigkeit zu seinen ihn umgebenden Bäumen. Jede Behausung im Dorf hatte ein eigenes Holzrecht, war mit Bäumen und Hecken umgeben, zum Schutz vor eisigen Winden im Winter und sie spendeten Schatten und Kühle im Sommer. Es waren wichtige Holzreserven und sie versorgten den Menschen auch als Kulturgut mit seinen Früchten und Heilkräften, weshalb er auf Nachhaltigkeit achtete.
Dieses innige Verhältnis zu Bäumen ist dem modernen Menschen völlig verloren gegangen und mit diesem dann auch der Respekt vor diesem Teil der Natur. Es gibt keine Einklang mehr zwischen den Menschen und den Bäumen.
In unserem Dorf werden Bäume nur noch geduldet als Gestaltungselement im öffentlichen Straßenraum und als Zierde im privaten Garten. Dort werden sie aber den sich ständig ändern Bedingungen unterworfen und so haben sie keine lange Lebenserwartung. Der herbstliche Laubabfall, verstopfte Dachrinnen, beschädigte Rohrleitungen, beschädigte Gehsteig- und Asphaltdecken, verschattete Fensterfronten und Gartengrundstücke, verdreckte Autos, benötigte Parkplätze im Straßenraum und die "Verkehrssicherungspflicht gegen Astbruch" sind die normalen Gründe, weshalb dem Lebewesen Baum in unserem Siedlungsgebieten kein eigener Lebensraum auf Lebenszeit mehr zugestanden wird.
Ganze Straßenzüge werden so immer eintöniger, langweiliger und unser Klima immer schlechter, tierisches Leben im Kleinkosmos wird vernichtet und die Natur als Ganzes bedroht. Aber mit diesen Aspekten beschäftigt sich der egozentrische, "moderne Mensch" nicht. Er erkennt sich nicht als ein Teil der Natur, sondern als deren Bezwinger.
Er betrachtete den Baum nur danach, welchen wirtschaftlichen Profit und Vorteil oder Nachteil er ihm heute bringen soll; der Baum als Objekt, als Ware.
Wenn die Menschheit überleben will muss sie wieder zu einem Einklang mit der Natur zurückfinden, den Wald als Lunge der Welt begreifen. Wir brauchen wieder einen tiefen Respekt vor Bäumen, als einen bedeutsamen Teil unserer Umwelt und seiner ökologischen und ästhetischen Funktionen. Wir brauchen zu seinem Schutz eine Baumfäll-Kultur, ein Baum-Recht, eine Baumschutzsatzung, ein Baum-Kataster, um den alten Baumbestand zu verteidigen, wo er nicht schon den rabiaten Methoden der Straßenplanung, der städtischen "Baum-Pflege", die Bäume zu Galgen verhunzen, und eigenmächtigen Baumfällungen von Privatpersonen, zum Opfer fiel.